Urbane Mitte Gleisdreieck
drei verschiedene Verkehrswerte und ein neues Impressum
11,3 Mio. € laut Verkehrswertgutachten sei das Grundstück der Urbanen Mitte Gleisdreieck wert. Dies habe ein Rechtsanwalt im Auftrag der Investoren dem Grundbuchamt mitgeteilt. 162 Mio. € sollen es laut Kaufvertrag für den Share-Deal der Urbane Mitte Besitz GmbH nach Luxemburg sein. Der DLE Funds (Deutsche Landentwicklung), der den Share Deal finanziert habe, teilte seinen Anlegern im Jahresbericht 2020 dann einen Verkehrswert von 204 Mio. € mit. Dies berichtet die Berliner Zeitung in ihrer Ausgabe vom Freitag.
Der Share-Deal und die Umwandlung der Urbanen Mitte Besitz GmbH in die Urbane Mitte Besitz S.à.r.l. fanden schon statt im Oktober 2020. Damals stand die zweite Auslegung des Bebauungsplan VI-140cab „Urbane Mitte Süd“ kurz bevor. Das Baurecht schien in greifbarer Nähe. Vermutlich glaubten die Investoren, die 2014 das Grundstück von der CA IMMO/VIVICO erworben hatten, dies sei der richtige Zeitpunkt, den Wertzuwachs des Grundstücks nach Schaffung von Baurecht abzuschöpfen. Dass die Auslegung des Bebauungsplans aus formalen Gründen dann im Januar 2021 wiederholt werden musste und dass sich dann ein breites Bündnis gegen das Bauvorhaben bildete, war im Oktober 2020 nicht vorhersehbar. Schließlich führte das Auftreten der elf lokalen Initiativen und eines Naturschutzverbandes im Stadtentwicklungsausschuss am 14. April 2021 dann dazu, dass der Bebauungsplan nicht wie geplant im Mai 2021 zur Abstimmung in die Bezirksverordnetenversammlung kam. Seitdem liegt der Bebauungsplan auf Eis. Die kritischen Argumente konnten nicht ignoriert werden.
In vielen Diskussionen der letzten Monate um das Vorhaben der Urbanen Mitte war das einzige und schlagende Argument für die Erteilung des Baurechts die Frage der Entschädigung, die laut städtebaulichem Vertrag von 2005 vorgesehen ist, wenn nicht im ausreichendem Maße Baurecht geschaffen wird. Die Befürchtung war, die Entschädigungssumme könne im dreistelligen Millionenbereich liegen.
Unabhängig davon, dass nach wie vor strittig ist, wie viel Baurecht aus dem städtebaulichen Vertrag von 2005 abgeleitet werden kann, gibt es nun erstmals eine konkrete Zahl, die durch Verkehrswertgutachten mit dem Bewertungsstichtag 13. Oktober 2020 ermittelt worden sein soll, die 11,3 Mio. €, die die Investoren dem Grundbuchamt angegeben haben sollen. Sollte es um die Höhe einer Entschädigungszahlung für nicht gewährtes Baurecht gehen, sollte diese Zahl zum Ausgangspunkt werden und nicht die Phantasiezahlen aus Luxemburg.
Coming back soon again
Auf der Internetseite https://www.urbane-mitte.de/ heißt nun die Hauptüberschrift „Coming back soon again.“. So als würde ein Neuanfang bevorstehen. Die bisherige Seite mit vielen schönen Bildern und liebevoll formulierten Erfolgsmeldungen ist verschwunden. Nicht mehr zu finden sind diverse Texte und Dokumente aus dem Planungsprozess, z. B. fehlt das sogenannte Konsenskonzept aus dem Jahr 2015, in dem die Rede war von 100. 000 m² Bruttogeschossfläche und nicht von den 119.000 m², auf die sich Investoren und Verwaltung später verständigt hatten. Bis auf einige kurze Textbausteine ist alles verschwunden. Und im Impressum unter dem verkürzten Titel „Coming Soon“ steht nun:
Urbane Mitte Besitz S.à.r.l.
2 Rue Edward Steichen
2540 Luxemburg
Großherzogtum Luxemburg
Vertreten durch: Louis Goff, Stefan Lambert
Bis vor ein paar Tagen stand dort noch:
Projektentwicklung
UMB Beteiligungs GmbH
Jägerstraße 4
10117 Berlin
Vertreten durch: Nadir J. Guediri
Der Wechsel im Impressum gibt zu denken. Denn die ursprünglichen Investoren halten nach dem Share Deal zusammen ja noch 11% der Urbanen Mitte Besitz S.à.r.l. Die UMB Beteiligungs GmbH ist noch mit 8,3% dabei, die TST Invest GmbH mit 2,7%.
Die UMB Beteiligungs GmbH hätte also durchaus weiter im Impressum als verantwortlich zeichnen können. Über die Gründe, warum nun – zwei Jahre nach Durchführung des Share Deal – an ihrer Stelle plötzlich zwei in Luxemburg ansässige Geschäftsführer der Urbanen Mitte Besitz S.à.r.l. präsentiert werden, können wir nur spekulieren. Wollen die bisherigen Investoren sich nicht mehr mit dem Projekt identifizieren? Gab es Kritik der Mehrheitsgesellschafter, die dazu führte, die ursprünglichen Investoren aus dem operativen Geschäft zu drängen?
Zuerst veröffentlicht in gleisdreieckblog