Nachdem im Mai 2018 der letzte Gewerbe-Betrieb vom Areal Lützowstraße 107-112 ausgezogen war, sollten „neben neuen Gewerbe- und Büroflächen 200 bis 100 qm große Wohnungen entstehen. Im Erdgeschoss zur Lützowstraße hin sollten auch Geschäfte (Retail) einziehen können“. Vorgesehen für das Bauvorhaben waren 36 500 m² BGF. Das Areal mauserte sich von den „Lützowhöfen“ zu den „3Höfen“ .
Mittlerweile ist der Rohbau fertig, vier von fünf Kränen sind abgebaut.
„Drei großzügige Höfe verbinden die Gebäudeelemente und verschmelzen eine ruhige, private Wohnatmosphäre mit einem offenen, lebendigen Gemeinschaftsgefühl.“ – laut (LBBW) in Berliner Bautradition.
Na ja, wenn ich mir die denkmalgeschützten „Maggi-Höfe“ gleich nebenan anschaue, habe ich so meine Zweifel, ob die „Hofbauweise“ wirklich modernem Lebensgefühl gerecht wird oder eher dem Ziel verdichteter Gewinnmaximierung. Und mit Sicht auf den Rohbau muss ich schon sehr, sehr viel Fantasie entwickeln, um mir die attraktiven Innenhöfe mit hoher Aufenthaltsqualität vorzustellen.
Aber machen Sie sich selbst ein Bild – zumindest über das, was auf YouTube versprochen wird:
Neubauprojekt „3 Höfe“ – modern wohnen in Berlin-Tiergarten (Fertigstellung 2021)
Da ist der Gedanke Arbeit und Leben zu verbinden schon attraktiver:
Vom „Work-Hof“ soll es zum „Work-Life-Hof“ und dann zum „Life-Hof“ gehen. Vom Business zum Wohnen. 223 Eigentumswohnungen für Berliner „Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Lebenskonzepten“ sollen hier entstehen, in einem „urbanen Quartier mit einem ausgewogenen Nutzungsmix aus Wohnen, Arbeiten und Lifestyle“.
Aber werden denn die Menschen, die dort arbeiten, wirklich dort auch wohnen?
Der größte Teil der 223 Eigentumswohnungen ist wohl schon verkauft – über Ziegert EverEstate mit Wohnflächen von 51,50 m² – 119 m² und Preisen von 423.600 € – 1.130.800 €.
Und mittlerweile ist wohl auch schon klar, wer die 18 000 m² Gewerbeflächen beziehen wird:
Sanofi und das Forschungszentrum Jülich (FZJ).
Sanofi ist einer der größten Pharmakonzerne der Welt mit weltweit mehr als 100 000 Mitarbeiter*innen. Mit den Schlüsselkompetenzen Physik und Supercomputing betreibt das FZJ mit rund 5600 Mitarbeiter*innen interdisziplinäre Forschung in den Bereichen Energie, Umwelt, Bioökonomie und Gesundheit.
3Höfe Berlin ist wohl ein Beispiel für (Gewerbe-)Gentrifizierung und Immobilien-Spekulation in Berlin.
Bereits bevor es bei der Landesbank Baden-Württemberg gelandet war, hatte das ursprünglich mit kiezgerechtem Kleingewerbe bebaute Areal wechselnde Besitzer bzw. Entwickler. Laut Immobilienmanager vom 23.5.2019 wurde der „Work-Hof“ (und mehr) des Gebäudes von der LBBW nun an Ardian Real Estate verkauft, und Konii Digital Real Estate berichtet, dass Ardian einen langfristigen (15 Jahre) Mietvertrag über 12 330 m² mit dem Forschungszentrum Jülich abgeschlossen hat. Die Mitarbeiter*innen des Forschungszentrums sollen im ersten Halbjahr 2022 dort einziehen. Auch mit Sanofi hat Ardian bereits einen Vertrag geschlossen, dessen Mitarbeiter*innen bereits im vierten Quartal 2021 auf 5 500 m² einziehen werden.
Für die Hälfte der Gesamtfläche (18 000 m²) dürfte Ardian nun gute Preise von Jülich und Sanofi kassieren. Die Wohnungen in dem Komplex sind für „normale Kiezbewohner“ unerschwinglich und sollten sie nicht zu Spekulationszwecken erworben werden / worden sein, für wohnungssuchende Berliner*innen eher kein Ziel. Ob dort dann Beschäftigte von Sanofi oder Jülich einziehen werden? Wohl nur, wenn sie zum oberen Management gehören.
Am 1. Mai 2018 schrieben wir: „Dass es dort auch Wohnungen zu erschwinglichen Preisen geben wird, darf wohl eher bezweifelt werden. Der mehrfache Besitzerwechsel spricht wohl eher für ein Spekulations-Objekt!“
Die Spekulation scheint aufzugehen!
Schön wäre es, wenn man in dem Block auch einmal an die Nahversorgung denkt und einen Supermarkt platziert. Und nicht nur Büros und überteuerte Wohnflächen. Zum nächsten Edeka/Rewe sind es 15 Min. zu Fuß… ein Armutszeugnis.
Danke für die zuteffende Einordnung.