Spaziergang in die Vergangenheit (18): Die Begas-Familie Am Karlsbad (Teil 2)

Im zweiten Teil des Spaziergangs folgen wir einem weiteren Kind von Carl Begas (1794-1850) und seiner Frau Wilhelmine (mittendran vom 16. September 2024), nachdem wir zuletzt gesehen hatten, dass der älteste Sohn, Oskar Begas (1828-1883), sein Elternhaus Am Karlsbad 10 nach dem Tod des Vaters übernommen hatte. Der Zweitälteste, Reinhold (1831-1911), war der erste, der das Elternhaus verließ.

Reinhold Begas (1831 – 1911) nördlich und südlich des Landwehrkanal

Bereits 1853 hat Reinhold Begas, 22 Jahre alt, ein eigenes Atelier in der Matthäikirchstraße 9, jenseits des Landwehrkanals in der gerade erst bebauten Straße. Grund dafür mag auch gewesen sein, dass das Atelier Am Karlsbad 10, das sicherlich sowohl vom Vater Carl wie von seinen vier kunstbeflissenen Söhnen genutzt wurde, für bildhauerische Arbeiten weniger geeignet gewesen sein mag als für Malerei. Reinhold hatte nämlich bereits in jungen Jahren – nach Pietsch bereits im Alter von sieben – mit der Modellierung von Tieren in Ton und Wachs begonnen (1); ob dafür aber wirklich die Paten verantwortlich waren, die bei seiner Taufe an seiner Wiege standen, mag bezweifelt werden, eindrucksvoll ist die Liste dennoch: Gottfried Schadow (1764-1850), Christian Rauch (1777-1857) und Ludwig Wichmann (1788-1859) zählen zu den bedeutendsten Bildhauern dieser Zeit.

Eine Bildhauer-Ausbildung erhielt Reinhold sowohl bei Wichmann wie bei Rauch (2). Ab 1856 verbrachte er, wie viele Künstler dieser Zeit, einige Jahre in Rom mit Hilfe eines Stipendiums der Akademie der Künste. 1861 erhielt er einen Ruf auf eine Professur an der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule Weimar, wo er bis 1863 blieb. Nach seiner Rückkehr zog er wieder an das Karlsbad, wo seine Mutter nach dem Tod des Vaters (1854) das Wohnhaus Am Karlsbad 10 dem ältesten Sohn Oskar und seiner Familie überlassen und drei Häuser weiter eine Villa gekauft hatte. Am Karlsbad 13 liessen sie im Garten ein Atelierhaus bauen (Bild 1). Aber das idyllische Atelier (Bild 2) scheint nicht lange gereicht zu haben: mit wachsender Größe seiner Skulpturen wuchs offenbar der Raumbedarf des Künstlers. Im Jahr 1865 wanderte das Atelier wieder über den Landwehrkanal in den Albrechtshof 4-5, und ein Jahr später wieder zurück an das Schöneberger Ufer 18.

Bild 1: Bau eines Atelierhauses und Toilettenhäuschen im hinteren Teil des Grundstücks (rot) Karlsbad 13 im Jahr 1864 (Quelle: Landesarchiv Berlin, Akte A Rep. 010-02 Nr. 32097).

Bild 2. Das Atelierhaus von Reinhold Begas (s. Bild 1) (aus: Ludwig Pietsch: Reinhold Begas. Die Gartenlaube 1891, 788-791).

1872 schließlich wurde das Haus Am Karlsbad 13 (inzwischen umnummeriert in Nr. 26) verkauft, da seine Mutter verstorben war. Reinhold Begas wohnte und arbeitete fortan – nach einer Atelier-Zwischenlösung 1872 und 1873 an der Matthäikirchstraße 12 – in seiner eigenen Villa in der Stülerstraße 4. Das dort ab 1874 verfügbare Atelier (Bild 3) entsprach der Größe seiner inzwischen entstehenden Skulpturen: sie hatten monumentale Ausmaße angenommen.

Bild 3. M.Horte: Professor Reinhold Begas in seinem Atelier. Aus: Moderne Kunst: Illustrierte Zeitschrift. Berlin, Band IX, Lieferung VIII. (1894).

Reinhold Begas heiratete mit 33 Jahren am 20. Januar 1864 die nur 15-jährige Margarethe Philipp (geboren am 18. Juli 1848) (Bild 4) (3) und hatte mit ihr vier Kinder: Karl Otto Philipp, geboren 1868, der nur ein Jahr alt wurde, Werner, geboren 1872, Freddy, geboren 1877, und Molly, die 1879 zur Welt kam. Margarethe Begas erkrankte 1898 an Tuberkulose und lebte bis zu ihrem Tod am 20. November 1901 in Baden-Baden, wo die Familie eine Villa hatte. Reinhold Begas hingegen starb im Alter von 80 Jahren am 3. August 1911 in Berlin in seinem Haus.

Bild 4. Reinhold Begas und seine Frau Margarethe geb. Philipp. Gemälde von Anton Romake 1850 (Wikipedia, gemeinfrei; Foto: Österreichische Galerie Belvedere).

In seines Vaters Schatten: Werner Begas (1872-1927)

Von den drei überlebenden Kindern trat nur ein Sohn, Werner, in die Fußstapfen des Vaters und wurde Maler und Bildhauer, ausgebildet von seinem Vater – er war laut Literatur sein „Meisterschüler“, aber er ist auch vermutlich deswegen nie aus seinem Schatten herausgetreten.

Im Adressbuch Berlins finden wir ihn zum ersten Mal 1904, mit 28 Jahren. Er hatte jetzt ein eigenes Atelier in der Von-der-Heydt-Straße 8 und wohnte in der Kurfürstenstraße 100A, zog aber im folgenden Jahr nach Schöneberg (Martin-Luther-Straße 19, dann Barbarossastraße 26), 1912 nach Charlottenburg (Reichsstraße 1) und 1916 nach Steglitz (erst Holsteinische Straße mit dem Atelier noch im Tiergarten: Königin-Augusta-Straße 51 im Gartenhaus; dann Hohenzollernstraße 7), wo er am 25. Januar 1927 in seiner Wohnung verstarb. Er hatte am 23. Mai 1908 in Berlin die Gertrud Maassen (1887-1965) geheiratet, Tochter des angesehenen Berliner Kaufmanns Christfried Reinhard-Moritz Maassen (1859-1907); die Ehe blieb offenbar kinderlos.

Im Gegensatz zu seinem Vater, der ein eher schmuckloses Ehrengrab auf dem Schöneberger Friedhof hat (Bild 5), ist Werner Begas auf dem Alten Luisenstadt-Friedhof im Familiengrab der Familie seiner Frau, dem Erbbegräbnis Maassen beerdigt. Seine künstlerische Hinterlassenschaft ist eher bescheiden, trotz intensiver Suche finden sich nur wenige Kunstwerke: zwei 1897 bzw. 1910 geschaffene Skulpturen (Mann, Athlet), eine Büste seines Vaters von 1897, aufgestellt in der Hochschule der Bildenden Künste Berlin, eine Münze mit dem Porträt seines Vaters aus dem gleichen Jahr, und ein Grabmal für die Familie Schleich in Stahnsdorf, das ist alles. Eine prominente Herkunft kann offenbar auch eine Last sein.

Bild 5. Das Ehrengrab der Stadt Berlin für Reinhold Begas und seine Frau auf dem Alten Zwölf-Apostel-Friedhof in Schöneberg (Wikipedia, gemeinfrei, Foto: Ludger Wekenbork).

Literatur:

  1. Ludwig Pietsch: Die Künstlerfamilie Begas. Westermanns Illustrierte Deutsche Monatshefte, Band 59 (1886), Seite 529-544 und 625-644.
  2. Alfred Gotthold Meyer: Reinhold Begas. Verlag von Velhagen & Klasing, Bielefeld und Leipzig 1897.
  3. alle genealogischen Angaben aus Ancestry.

Paul Enck

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