(ein Gastbeitrag von Barbara Kreibich)
Die Potsdamer Straße ist sehr stark mit Abgasen und Lärm belastet. An der Potsdamer Str. 102, gegenüber dem einstigen Tagesspiegelgebäude, werden seit Jahren Stickoxidwerte zwischen 56 und 60 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresdurchschnitt gemessen. Das ist weit mehr als der zulässige Grenzwert von 40 Mikrogramm. Es gibt nur wenige Straßen in Berlin, z.B. die Leipziger Straße, an denen die Luft noch gesundheitsschädlicher ist.
Bei der Belastung mit Feinstaub (PM10) sieht es seit der Einführung der grünen, gelben und roten Plaketten ein wenig besser aus. Die Messwerte liegen etwas unterhalb des erlaubten Grenzwertes von 40 Mikrogramm. Allerdings werden die PM10-Werte an der Potsdamer Str. 102 nur aus dem gemessenen Ruß geschätzt.
Die Belastung durch Lärm wird üblicherweise aus der Verkehrsmenge berechnet. Einer der lautesten Orte ist die Kreuzung Potsdamer Str./Bülowstraße mit Werten von z.T. mehr als 70 Dezibel tags und nachts. Werte über 55 gelten den Lärmforschern als gesundheitsgefährlich. Besonders schädlich ist der Lärm bei Nacht.
Lärm und Abgase belasten die Gesundheit der Anwohner, der Beschäftigten und der Passanten stark. Eigentlich wollen wir ja gerne weiterhin gesund an der Potsdamer Straße wohnen, einkaufen, vor den Lokalen auf dem Fußweg in der Sonne sitzen, Rad fahren.
Was tun? Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge? Oder gibt es Alternativen? Eine mögliche, relativ schonende Maßnahme ist die Einführung von Tempo 30 (statt Tempo 50). In der Silbersteinstraße in Neukölln ließ sich damit der Stickoxid-Ausstoß um 20% verringern, in der Schildhornstraße in Steglitz um 17%. Es kommt darauf an, durch Tempo 30 einen flüssigeren Verkehr zu erreichen als vorher mit Stop–and-Go. Auch der Lärm lässt sich um etwa 3 Dezibel, d.h. wahrnehmbar, reduzieren.
Der Senat plant daher die Einführung von Tempo 30 im Straßenzug Leipziger Straße – Potsdamer Straße – Hauptstraße:
- Mitte Juni 2018 wird auf der Potsdamer Straße Tempo 30 eingerichtet.
- Mitte August 2018 beginnen die Messungen des Verkehrsflusses mit einem Spezialfahrzeug. Es wird gemessen, wie oft es zu Staus kommt, und wie oft Bremsen und Wiederanfahren auftreten. Möglicherweise muss die Ampelschaltung der neuen Tempovorgabe angepasst werden. Verändert sich die Stickoxid-Belastung dadurch? Wird der Lärm reduziert? Wird Verkehr in untergeordnete Nebenstraßen verlagert?
- Ende Juli 2019 wird die Messung beendet und dann abschließend ausgewertet.
- Ende Oktober 2019 soll dann eine Entscheidung über die Einführung von Tempo 30 auf der Potsdamer Straße erfolgen.
Werden sich die Fahrer an Tempo 30 halten? Die Erfahrungen aus früheren Untersuchungen zeigen, dass die meisten sich schon im Laufe des ersten Jahres immer besser an die neue Vorgabe halten. Es ist hilfreich, wenn die Schilder durch einen Hinweis wie z.B. „Tempo 30 Achtung Kinder“, oder „Für Lärmschutz Tempo 30“, oder „Umweltschutz durch Tempo 30“ ergänzt werden. Die elektronische Anzeigetafel zwischen den Kreuzungen Potsdamer/Lützowstraße und Potsdamer Straße/Schöneberger Ufer könnte für solche Hinweise genutzt werden. Nötig ist natürlich auch eine wirksame Kontrolle von Tempo 30.
Was wird die Maßnahme bringen? Manche Autofahrer werden sich über Tempo 30 ärgern. Im Durchschnitt sinkt aber die Reisezeit auf 100 m Strecke nur um 0 bis 4 Sekunden. Für die Anwohner kann Tempo 30 eine Entlastung bei Lärm und Abgasen bringen. Falls der Stickoxidwert von 56 Mikrogramm (Jahr 2016) um 20 % sinken sollte, könnte man etwa 45 Mikrogramm erreichen. Dieser Wert liegt zwar immer noch über dem Grenzwert von 40 Mikrogramm, aber es ist nicht nichts! Wir sollten die Maßnahme also als Anwohner unterstützen!
Von Nachteil ist es, dass während der langen Zeit des Messens für Tempo 30 keine straßenbaulichen Veränderungen an der Potsdamer Straße durchgeführt werden können. Man kann die Zeit aber nutzen, um die Planung für deutliche Verbesserungen für den Radverkehr und für eine Straßenbahntrasse auf der Potsdamer Straße voranzubringen. Auch diese Maßnahmen werden die Umweltsituation verbessern.
Ein Arbeitskreis Verkehr des Stadtteilforums Tiergarten-Süd wird sich weiterhin mit allem befassen, was unseren Kiez im Bereich „Öffentlicher Raum und Verkehr“ betrifft.