Langestreckt und schmal ist der Westpark, an der schmalsten Stelle nur 60 m breit und damit schmaler als die hier geplanten Bürotürme hoch.
Der Grund für die Schmalheit liegt in den Verhandlungen begründet, die zwischen dem Land Berlin und dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg einerseits sowie der Eisenbahnimmobilien-Management GmbH (später in VIVICO umbenannt) anderseits geführt wurden. Von Mitte der 1990 Jahre stritten sich die Beteiligten um die Frage, wie viel des Gleisdreiecks zum Park werden soll, bzw. wie viel zur Baufläche erklärt wird.
Die VIVICO hatte in den Verhandlungen zum Ziel, möglichst nur die nicht bebaubaren Flächen für den Park freizugeben und diese waren im Westpark die von Bahnplanung betroffenen Flächen.
So kam es, dass beim Abschluss des städtebaulichen Vertrags im Jahre 2005 im Westen des Gleisdreiecks überwiegend von Bahnplanungen betroffene Flächen zum Parkflächen erklärt wurden. Der gesamte Teil des Westparks nördlich der U1 bis zum Landwehrkanal ist mit Bahnanlagen unterbaut. Auch der Teil südlich der U1 ist von Bahnplanungen betroffen. Siehe dazu Artikel “Wie Eisenbahnplanungen den Westpark des Gleisdreiecks bestimmen” vom 8. Februar 2023.
Wären andere Lösungen möglich gewesen?
Ja. Es gab einen Vorvertrag, den sogenannten Notenwechsel von 1992 zwischen dem Land Berlin und der Deutschen Bahn, in dem insgesamt 16 Hektar Ausgleichsfläche vorgesehen waren. Davon sollten zwölf Hektar auf dem ehemaligen Potsdamer Güterbahnhof westlich der neuen Bahnanlagen liegen und bis an das Kanalufer heranreichen. Im Gegenzug sollten Bauflächen geschaffen werden – im noch festzulegenden Umfang.
Die damalige Bürgerinitiative, die Interessengemeinschaft Gleisdreieck zweifelte in den 1990er Jahren, ob die ökologischen Ausgleichsflächen tatsächlich realisiert würden und reichte deswegen 1995 eine Normenkontrollklage gegen die Bebauungspläne Potsdamer/Leipziger Platz ein. Hauptargument war, dass die ökologischen Ausgleichsflächen weder planungsrechtlich noch eigentumsrechtlich abgesichert waren.
1998 legte das Land Berlin dem Verwaltungsgericht den Entwurf für einen geänderten Flächennutzungsplan vor, mit dem die planungsrechtliche Absicherung der ökologischen Ausgleichsflächen geschaffen werden sollte. Das Verwaltungsgericht wies daraufhin die Klage der IG Gleisdreieck ab.
Der Flächennutzungsplan wurde beschlossen und gilt bis heute. Demnach sollte das Grün bis an die westliche Kante des Bahngeländes reichen, gleichzeitig die westliche Bezirksgrenze von Friedrichshain-Kreuzberg.
Doch nur zwei Jahre später nach Ende des Verfahrens wurden von der Senatsverwaltung Pläne in die Öffentlichkeit gebracht, die „Townhouses“, einzelne, freistehende Stadthäuser entlang der Flottwell- und Dennewitzstraße vorsahen. Kurze Zeit später waren auf den Plänen keine Townhouses mehr zu sehen, sondern Hochhäuser, die wie am Potsdamer Platz bis zu 80 Meter aufragen sollten.
Das Stadtklima war Anfang der 90er Jahre bei der Festlegung der ökologischen Ausgleichs für die Bauten am Potsdamer und Leipziger Platz ein Thema gewesen, nun war es keines mehr. Auf einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung im Sommer 2000 im Gemeindesaal Wartenburgstraße verteidigte Senatsbaudirektor Stimmann die neuen Bauflächen mit dem Argument
Wozu einen Park? – wir haben doch jetzt Mallorca und das Umland . . . “
Während das Publikum sich aufregte, hielt sich Stimmann an seinem roten Fineliner fest und umrandete damit immer wieder die Bauflächen an der Flottwell- und Dennewitzstraße auf seiner Tischvorlage. Im Laufe des Abends wurden die Linien um die Bauflächen immer dicker.
Die 1998 gegründete Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e.V stemmte sich vergeblich gegen die Verkleinerung des Parks – im Jahr 2000 mit der Ausstellung “Gleisdreieck”, die vom Quartiersmanagement unterstützt in vielen Orten im Stadtteil gezeigt wurde. Es folgten viele Veranstaltungen. Als Beispiel sei hier die Diskussion im Abgeordnetenhaus aus dem Jahre 2003 genannt.
Die beiden damals diskutierten Konzepte sind auf dem Plakat abgebildet.
Es half alles nichts. Die Senatsverwaltung wollte keinen großzügigen Gleisdreieck-Park und der Horizont der Kreuzberger Politiker reichte damals nur bis zum Wäldchen im Ostpark.
So kam es, dass bei Abschluss des städtebaulichen Vertrags im Jahr 2005 nur noch 4 ha – statt der 1992 vereinbarten 12 ha Ausgleichsfläche auf dem Potsdamer Güterbahnhof verortet wurden und die lagen ausschließlich südlich der U1. Der Rest der Ausgleichsfläche wurde in den Ostpark verschoben. Westlich der Bahnlagen wurden nun anstelle der ökologischen Ausgleichsflächen die neuen Bauflächen an der Dennewitz und Flottwellstraße verortet, auf einer Fläche, die bis heute im Flächennutzungsplan als Grün vorgesehen ist.
Bei aller Schmalheit ist der Westpark doch ein wichtiger Ort geworden. Der Westpark ist die urbane Mitte des Gleisdreieckparks, lebendiger als der ruhigere Ostpark, nachts zum Leidwesen der Bewohner in den Häusern an Dennewitz- und Flottwellstraße – ein ungelöstes Problem, mit dem Senatsbaudirektor Stimmann und Senator Strieder wohl damals nicht gerechnet haben.
Gesäumt und geprägt wird der Westpark westlich durch die neuen Wohnhäuser, östlich durch die historischen Anlagen der BVG mit dem hochgelegen Bahnhof Gleisdreieck und den Viadukten von U1 und U2.
Verträgt der Westpark noch mehr Enge, die durch die Bebauung am östlichen Rand durch die sieben Hochhäuser der Urbanen Mitte entstehen würde?
Link zum städtebaulichen Rahmenvertrag Gleisdreieck aus dem Jahr 2005 mit dem Notenwechsel von 1992 in der Anlage
Zuerst veröffentlicht in gleisdreieckblog