(ein Beitrag von Karsten Masch, Leiter der Jugendarbeit beim Stadtteilverein Tiergarten)
Wohnraumbebauung ist das Gebot der Stunde. Diesem Dogma muss momentan alles andere untergeordnet werden, aber was ist, wenn dadurch die Lebensqualität immer weiter sinkt bis sie mehr oder weniger an die Wand gefahren ist? Überall im kleinen aber agilen Sozialraum Tiergarten-Süd entstehen Luxuswohnungen, auch die letzten Brachflächen werden bebaut, geheime Orte, die Kinder und Jugendliche entdecken können – Fehlanzeige. Aber mal abgesehen von der Abenteuerlichkeit der 90er, als der ganze Park am Gleisdreieck ein großer Abenteuerspielplatz war, rücken nun die Neubauten auch den bestehenden Sport- und Spielflächen auf die Pelle.
Das Verschwinden der letzten geschützten Freifläche östlich der Potsdamerstraße, der Fußballplatz an der Pohlstraße 9-16, war absehbar, aber in dieser Form doch ein kleiner Skandal. Nun soll doch erst in mehreren Jahren das Areal bebaut werden, aber man hat schon mal vorsorglich jegliche Nutzung durch Familien und Jugendliche beendet, in dem man das Gelände ohne Absprache mit dem Träger oder dem Jugendamt zur Aufstellung von Baucontainern genehmigt hat. Eines Tages waren unsere Kollegen am Rasenmähen und wurden ohne Vorankündigung des Platzes verwiesen, da ab morgen hier Baucontainer aufgestellt würden. Dabei war noch vor Kurzem eine Dauernutzung als Sportfläche angestrebt und schien möglich. Jahrelange Kinder- und Jugendbeteiligung, Engagement von Familien und Jugendlichen, Presseberichte, Videos und auch die Tatsache, dass viele tausend Euro in den Platz geflossen sind – alle Bemühungen waren am Ende vergeblich. Da sich dieser Vorgang über Jahre hinzog und etliche Chancen verpasst wurden, hier zur Orientierung noch einmal eine kurze Übersicht:
- Gleisdreieck: Von drei geplanten Fußballplätzen, die uns in persönlichen Gesprächen mit dem Parkmanagement in Aussicht gestellt wurden, konnte nicht einer realisiert werden. Es blieb nur der Platz auf dem Baumarkt, der für Vereine gedacht ist.
- Das Karlsbad bietet auf Grund der intensiven Nutzung und Nutzerkonflikten keinen geschützten Freiraum, da er auch etwas weit entfernt ist und keine Tagesnutzung planbar ist.
- Verlust der Freiflächen Pohlstraße 11 durch Bebauung (Spielplatz, Volleyballfeld etc.) ca. 2010
- Verlust des Platzes bei der Villa Lützow
- Verlust der Freiflächen Pohlstraße 8-16 durch Zwischennutzung ab 2020 bzw. spätere Bebauung. Nun soll der Platz erst in ein paar Jahren in einem Vorgang bebaut werden.
Trotz jahrelanger intensiver Kooperation von Anwohner*innen und Jugendlichen wurden letztendlich diese Bemühungen nicht besonders ernst genommen. Klar, was ist schon ein Fußballplatz verglichen mit Wohnraum? Aber das ist zu kurz gedacht. Fehlende Freiräume nicht nur für Fußball, sondern geschützte Räume auch für Familienfeste fehlen nun östlich der Potsdamer Straße völlig. Die Lebensqualität sinkt und Konflikte im Sozialraum nehmen eventuell durch Verdichtung zu. Immer wieder wird darauf verwiesen, dass man ja im Gleisdreieck einfach Jacken als Torpfosten auslegen und dann munter im Gedränge spiele könne. Hierzu gibt es gewichtige Gegenargumente: Diese Angebote sind nicht planbar, da der Park im Sommer zum Teil extrem voll ist. Weiter kommt es zu Nutzerkonflikten, da Alkohol und Drogenmissbrauch sowie Gewaltdelikte zunehmen. Hier ist kein geschütztes, auch für minderjährige Kinder, geeignetes Angebot möglich. Außerdem ist ein Turnier ohne Seitenlinien und Tore unsinnig. Diese Vorschläge entbehren also jeglicher pädagogischer Praxis.
Wir fordern daher für das Gebiet östlich der Potsdamer Straße, den Freizeit- bzw. Basketballplatz an der Pohlstraße umgehend zu einem Kleinspielfeld umzugestalten. Die Kosten für Kleinfeldtore und Kunstrasen sowie eine verschließbare Tür, um im Sinne der Anwohner*innen die Nutzung zu regulieren, sind vom BA zu tragen. Der Jugendtreff Pohl 11 könnte die Auf- und Zuschließung durchführen bzw. organisieren. Der Platz bleib in dieser Zeit öffentlich. Dadurch würde sich die Qualität der Kinder- und Jugendlichen, aber auch der Anwohner*innen erheblich verbessern.