Lebenswelten lautete der Titel einer Lesung in der Pumpe, in der der Grimme Online Award Träger $ick am Freitag über sein Leben als Drogenabhängiger, Obdachloser und Krimineller berichtete und aus seinem Buch „Shore, Stein, Papier“ las.
Mit 15 hat $ick erstmals Shore (Heroin) geraucht. Danach rutscht er immer tiefer ab in eine Spirale aus Drogensucht, Beschaffungskriminalität und Haftstrafen. Schonungslos nimmt er die Besucher*innen mit in eine Welt, in der nur noch das Ziel, den notwendigen Stoff zu besorgen, zählt.
„Mann, Alter, wie geil ist das denn“ – und wieder geht es einen Schritt weiter auf dem Weg in das Reich der Ausgestoßenen.
„Shore“, „Ballern“, „Drücken“, „Pendeln“ – Worte, die viele Besucher*innen noch nicht kennen. „Stein“ und Papier“ ist nicht das, was wir sonst darunter erwarten. Dramatisch ist der Bericht über den Freund, dem die Nadel in der großen Vene in der Leistengegend abbricht, der aus Scham den Weg ins Krankenhaus verweigert, der sich selbst „operiert“ und am Ende (beinahe) verblutet.
Doch schließlich schafft $ick den Ausstieg! Nach der Geburt seiner Tochter und verschiedenen Entzugsprogrammen ist $ick heute clean. Dies gelingt ihm nur, weil er auf Menschen wie Paul von Stigma e.V. trifft, die ihn vorbehaltlos annehmen – und ihm eine Aufgabe in der Gesellschaft zuweisen. Erst diese ermöglicht ihm, den Drogen-Kick durch einen anderen Kick zu ersetzen:
Wertvoll und angenommen zu sein!
In der anschließenden Diskussion bestätigt Dirk Schaeffer (Referent für Drogen, Strafvollzug und Drogenselbsthilfe bei der Deutschen AIDS-Hilfe), dass er auch als Substituierter- ein normales Leben führen kann, da er in der AIDS-Hilfe einen vorurteilsfreien Arbeitgeber gefunden hat. Die Sozialarbeiter*innen Lilli Böwe (Olga) und Julia Thuns (Mittwochsintiative) machen deutlich, woran es trotz Fortschritten in der Suchthilfe in Berlin und auch in unserem Kiez noch fehlt. Ganz Berlin hat nur drei Drogenkonsumräume, in denen Drogenkonsument*innen unter sicheren Bedingungen Drogen konsumieren können. Eigentlich skandalös ist, dass es in ganz Deutschland nur ein Gefängnis (in Berlin) gibt, in dem ein sicherer Spritzen – und Nadeltausch ermöglicht wird. Ausländische Staatsbürger*innen haben keinen Zugang zu den normalerweise möglichen Hilfsangeboten (Unterstützter Entzug, Substitution, Psychotherapie, etc.). Es sei eine Mär, dass die Betroffenen „in unser Sozial-System eingewandert seien, um von diesem zu profitieren“. Die meisten werden erst aufgrund ihrer widrigen Lebensumstände in Deutschland zu Drogenabhängigen.
Im Laufe des Abends wird klar:
Was immer die Ursachen für die Sucht sein mögen, die Betroffenen brauchen maximale Unterstützung und Hinwendung!
Wer mehr von $ick kennenlernen will, kann ihm auf YouTube folgen, zum Beispiel: Shore ist Heroin