Auf Anregung und mit Förderung durch Preußens König Friedrich Wilhelm IV. baute der Unternehmer Joseph Kroll vor den Toren Berlins unweit des Brandenburger Tores eine schlossartige Vergnügungsstätte mit drei großen Sälen, vierzehn Festsälen, zwei Wintergärten und prunkvollen Außenanlagen.
Sie wurde bekannt als Kroll’sches Etablissement.
Nach einem Großbrand 1851 wurde zwischen 1895 und 1898 aus der dortigen „Sommerbühne“ das Neue Königliche Opernhaus. Ab 1914 folgte dann der teilweise Abriss (wegen mangelnder Rentabilität), die Nutzung als Textillager und als Lazarett im 1.Weltkrieg. Danach wurde das Gebäude wieder aufgebaut und feierte 1924 als zweite Spielstätte der Staatsoper Unter den Linden mit der Aufführung von Richard Wagners Meistersingern seine Auferstehung als im Volksmund so genannte „Kroll-Oper“.
Ihre beste Zeit als Opernhaus hatte sie allerdings erst als „Staatsoper am Platz der Republik“ unter der Leitung des Dirigenten Otto Klemperer zwischen 1927 und 1931. Klemperer hatte sich zum Ziel gesetzt „die Oper als Kunstgattung zu erneuern“. In nur knapp vier Jahren wurden 44 Werke aufgeführt, darunter Uraufführungen von Paul Hindemith, Igor Strawinski, Arnold Schönberg und Leos Janacek. Aufgrund konservativer Sparpolitik wurde das Opernhaus 1931 durch Beschluss des Preußischen Landtags geschlossen.
Ihre eigentliche geschichtliche Bedeutung erlangte die “Kroll Oper” allerdings durch die Abschaffung der Demokratie in Deutschland 1933.
Unmittelbar nach dem „Reichstagsbrand“ (s.mittendran vom 27.Februar 2023) begannen im März 1933 die Ausbaumaßnahmen am Großen Theatersaal zum provisorischen Sitzungssaal des letzten Mehrparteienparlaments der ersten Deutschen Republik. Auf die Bühne und den Orchestergraben wurde die noch intakte Regierungsbank aus dem Reichstagsgebäude sowie Aufbauten für das Präsidium, Schriftführer und Stenographen gesetzt. Die Deckengemälde wurden mit Stoff verhängt, an der Stirnwand wurde hinter dem Gestühl des Reichstagspräsidiums eine große Hakenkreuzfahne aufgespannt. Rechts und links davon hingen noch kleinere schwarz-weiß-rote Fahnen des Kaiserreichs – wohl ein Zugeständnis an die Koalitionspartner und Steigbügelhalter der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP).
Zur konstituierenden Sitzung des in der kaum noch demokratisch zu nennenden Reichstagswahl vom 5. März 1933 gewählten Reichstages, konnten noch nicht einmal alle gewählten Abgeordneten zusammenkommen. Denn den 81 Abgeordneten der KPD waren die Mandate aberkannt und viele von ihnen verhaftet worden, was der nationalsozialistische Reichsinnenminister Wilhelm Frick zynisch so kommentierte:
„Wenn der neue Reichstag zusammentritt, werden die Kommunisten durch dringendere und nützlichere Arbeiten verhindert sein, an der Sitzung teilzunehmen. Diese Herrschaften müssen wieder an nutzbringende Arbeit gewöhnt werden. Dazu werden wir ihnen in Konzentrationslagern Gelegenheit geben.“
Auch 26 gewählte Abgeordnete der SPD fehlten, da sie in Schutzhaft waren, sich im Krankenhaus befanden, geflohen oder am Eintritt gehindert worden waren.
Der einzige Tagesordnungspunkt dieser Sitzung war denn auch nur die Wahl des Präsidiums. Nicht durch geheime Wahl, wie es die Geschäftsordnung vorsah, sondern durch Zuruf. Das Ende der Sitzung prägten die uniformierten Mitglieder der NSDAP, die das Horst-Wessel-Lied (Kampflied der SA und Parteihymne der NSDAP) sangen.
Die endgültige Abschaffung der ersten Deutschen Demokratie erfolgte in der Kroll-Oper
in der Reichstagssitzung am 23. März 1933.
Gegen die Stimmen der SPD – aber mit der Unterstützung der bürgerlichen Parteien – beschloss das nationalsozialistisch dominierte Parlament das sog. „Ermächtigungsgesetz“. Durch das „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“ wurde die Gewaltenteilung aufgehoben und alle Macht auf die Regierung und damit auf den „Führer“ Adolf Hitler übertragen. Fortan konnte die Regierung Gesetze erlassen, ohne die Zustimmung des Parlaments und die Unterschrift des Reichspräsidenten einzuholen.
Berühmt geworden aus dieser Sitzung sind die Worte des SPD-Parteivorsitzenden Otto Wels: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“ In einer flammenden emotionalen Rede hatte er die Weimarer Republik verteidigt und die bürgerlichen Parteien zur Ablehnung des Gesetzes ermutigt. Allein, diese folgten ihm nicht. Aufgrund vorausgegangener Verhandlung mit der NSDAP und aus Angst vor den im Saal anwesenden bewaffneten SS- und SA-Männern.
Hitler regierte mit blankem Hohn auf die Proteste der Sozialdemokraten: „Sie reden von Verfolgungen – Sie sind wehleidig, meine Herren und nicht für diese heutige Zeit bestimmt, wenn Sie jetzt schon von Verfolgungen sprechen.“ Doch in den folgenden Wochen und Monaten wurden die Verfolgungen durch die Nazis traurige Realität.
Am 17. Mai 1933 fand in der Kroll-Oper die letzte Sitzung des gewählten Reichstages statt. Im Frühsommer 1933 wurden die demokratischen Parteien verboten und zur Selbstauflösung gezwungen, im Oktober der Reichstag formell aufgelöst und im November Scheinwahlen durchgeführt, bei denen nur noch Kandidaten der NSDAP zur Wahl standen. Bei der Sitzung am 12. Dezember 1933 bestand der Reichstag folgerichtig nur noch aus Abgeordneten der NSDAP.
Das Scheinparlament der Nazis tagte in der Kroll-Oper noch 18mal. Es diente Adolf Hitler im Wesentlichen für Regierungserklärungen.
Am 1.9.1939 verkündete er hier den Beginn des Zweiten Weltkrieges und feierte am 6.Oktober den „Abschluss des Feldzugs gegen Polen“.
Die letzte Sitzung des „Großdeutschen Reichstags“ fand am 26.4.1942 statt.
Am 22.11.1943 wurde das Gebäude bombardiert und stark beschädigt.
In den 50er Jahren wurden dann die Reste des Gebäudekomplexes gesprengt und endgültig abgetragen.
Heute erinnert eine Schautafel neben dem Tipi am Kanzleramt an den geschichtsträchtigen Ort.