David Chipperfield Architects plant den weiteren Ausbau hinter den IBA-Stadtvillen:
„Das neue Gebäudevolumen bildet mit dem im Westen derzeit entstehenden Gebäude Lützowufer Nr. 6 eine Zeile in der zweiten Reihe. 34 Wohnungen und zwei Gewerbeeinheiten erhalten eine gerade Nordfassade und bilden mit den IBA-Gebäuden einen gemeinsamen langgestreckten Gartenhof mit Spiel- und Grünflächen“
Das gesamte Bauvorhaben hatte bereits 2018 heftige Proteste seitens der Anwohnenden ausgelöst. Es ging um den Genehmigungsprozess der Münchener Euroboden GmbH, Spezialist für Luxusimmobilien. Auf dem von Landschaftsarchitektin Renate Kosselt zur IBA 1987 entworfenen Gartengelände sollten damals in 2. Reihe sogar sechsgeschossig 60 Eigentumswohnungen entstehen. Die dramatische Verdichtung auf denkmalgeschütztem Gelände stand damals im Vordergrund der Beschwerden: „Anstatt gestiegener Lebensqualität und mehr Wohnraum für Berlinerinnen und Berliner bewirkt [die Planung] das exakte Gegenteil. Sie zerstört die Lebensqualität in den anliegenden Bauten (Wohnraum für junge Familien und Leute mit bescheidenem Einkommen!). Was sie den Einen gibt, nimmt sie den Anderen.“ (Patrick Petzold)
Nun geht es um die Nachbarschaft auf der anderen Seite – und wieder gilt wohl:
Was sie den Einen gibt, nimmt sie den Anderen.
Nur dass es diesmal noch dramatischer wird. Es geht schlicht um die weitere Existenz einer für die ganze Stadt wichtigen Jugendeinrichtung!
Auf knapp elf Meter rückt die Südfassade des Bauwerks an die Fenster des Jugendgästehauses heran.
Und damit entstehen erhebliche Risiken des Sichtschutzes für die Kinder- und Jugendgruppen im Jugendgästehaus. Denn anders als in einem Hotelbetrieb werden die Gäste nicht von ihren Eltern oder von ihren Sorgeberechtigten begleitet. Die gegenseitige „Einsicht“ von Fenster zu Fenster lässt Probleme von Belästigung bis kriminelle Handlungen (Voyeurismus) nicht ausschließen. Eltern werden ihre Bereitschaft, ihre heranwachsenden Kinder hier übernachten zu lassen, infrage stellen.
Beispiele aus anderen Bauentwicklungsprojekten in Berlin legen nahe, dass Kompromisse zu gegenseitigem Verständnis und Rücksichtnahme schwer zu finden und umzusetzen sein werden. Wer in hochpreisige Eigentumswohnungen in dieser Lage viel Geld investiert hat, will sich nicht durch „jugendlichen Lärm“ in der Nachbarschaft oder andere Einschränkungen belästigen lassen. Die Verlierer in entsprechenden Auseinandersetzungen stehen im Vorhinein fest. Es werden – mal wieder – die Jugendlichen sein!
Voraussehbar sind auch Konflikte im Bereich der gegenseitigen Lärmbelastung. Neben dem Jugendgästehaus ist hiervon auch der Gastronomiebetrieb im denkmalgeschützten Pumpenhaus betroffen. Die derzeitigen Pächter müssen davon ausgehen, dass durch „Nachbarschaftsklagen“ so starke Betriebseinschränkungen nötig werden, dass eine Geschäftsaufgabe wahrscheinlich wird.
Das JugendKulturZentrum Pumpe spielt eine zentrale Rolle in der Jugendarbeit für ganz Berlin und auch für unseren Kiez. Die vorherzusehenden Einschränkungen im Vermietungsgeschäft Gästehaus und der Wegfall der Einnahmen aus dem Restaurant werden das Finanzierungskonzept der Pumpe zerplatzen lassen, da die derzeitigen Zuwendungen des Senats nur eine Teilfinanzierung darstellen.
Wollen wir wirklich dem Verdrängen von Institutionen nachgeben, die mithelfen, die zukünftigen Nachbar*innen in dieser Stadt zu wertvollen Menschen heranzubilden, – wegen 34 Luxuswohnungen?