In der Villa Lützow fand am 17. November im Rahmen der Initiative Jüdisches Leben und Widerstand in Tiergarten ein Vortrag zu Jüdische Gewerbebetriebe rund um die Potsdamer Straße statt.
In Berlin war zwischen 1930 und 1945 wohl die Hälfte aller jüdischen Unternehmen Deutschlands, d.h. rund 50 000 jüdische Gewerbebetriebe, ansässig. Diese waren für das Wirtschaftsleben der Stadt von großer Bedeutung – auch für den Tiergarten Kiez. Inspiriert durch das Buch von Dr. Christoph Kreutzmüller „Ausverkauf – Die Vernichtung der jüdischen Gewerbetätigkeit in Berlin 1930 -1945“ zu den Ausgrenzungsprozessen und Überlebensstrategien kleiner und mittlerer jüdischer Gewerbebetriebe in Berlin 1930/31 – 1945, wollte die Initiative mehr Details zu den jüdischen Gewerbetreibenden rund um die Potsdamer Straße und ihrer Verdrängung und Verfolgung erfahren. Bereits in den Zwanziger Jahren hatten Übergriffe auf Unternehmen, die als jüdisch betrachtet wurden, zugenommen. Mit der Machtübertragung auf Adolf Hitler 1933 startete aber der wohl „radikalste und in seiner Radikalität ,erfolgreichste‘ Umsteuerungsvorgang in der Wirtschaft“ Deutschlands (Ludolf Herbst). Auch in unserem Kiez fand das Auslöschen jüdischen Unternehmertums statt.
Die Historikerin Bethan Grifiths, eine der Mitarbeiterinnen von Dr. Kreutzmüller, erläuterte an drei Beispielen aus unserem Kiez das infame Vorgehen der Antisemiten und das Schicksal der Betroffenen. Dazu hatte sie aus über 8000 Datensätzen von jüdischen Gewerbetreibenden in Berlin, die Kreutzmüller und sein Team an der Humboldt-Universität zusammengetragen haben, davon 443 für Tiergarten, exemplarisch drei ausgewählt und ihre Schicksale den Zuhörenden in einer wissenschaftlich fundierten und um so bewegenderen Präsentation vorgetragen.
Nach eingehender Diskussion stand an diesem Abend wieder einmal eines fest:
Wehret den Anfängen!
Wir werden die Beiträge von Bethan Griffiths demnächst hier veröffentlichen.