Die folgende Episode spielte in der Zeit um 1840: Im Januar 1841 schrieben die wenigen Anlieger des Areals zwischen Landwehrkanal und botanischem Garten (heute: Kleist-Park) eine Petition an den Polizeipräsidenten, darunter vermutlich Rechnungsrat Schneider, Drucker Hänel, Waggonbauer Jungbluth und einige andere: Sie baten um Umbenennung und ordentliche Nummerierung der Häuser entlang der Potsdamer Chaussee (Bild 1).
Der Polizeipräsident Eugen von Puttkamer (1800-1874) machte sich das Anliegen zu eigen und reichte das Schreiben an den Innenminister Gustav Adolf Rochus von Rochow (1792-1847) weiter (1).
Berlin, den 20sten Januar 1841
abgesandt den 29sten ejusdem [desselben Monats, PE]
Die anderweite Benennung der Potsdamer Chaussee betreffend
Die Anwohner des Theils der Potsdamer Chaussee, welche zwischen dem Landwehrgraben und dem botanischen Garten belegen ist, haben die Verleihung eines besonderen Namens für diese Straße und die demnächst zu ordnende neue Nummerirung der daran gelegenen Grundstücke beantragt.
In den letzten Jahren ist an diesem Theil der Chaussee eine große Zahl der geschmackvollsten und freundlichsten Landhäuser aufgeführt worden; auch sollen in diesem Jahre wiederum zehn neue Baustellen in üblicher Art bebaut werden. Es läßt sich aber nicht läugnen, daß für die Anwohner aus dem jetzt bestehenden ungeregelten Zustande sowohl rücksichtlich des Namens als auch der Nummerirung nicht unerhebliche Unannehmlichkeiten hervorgehen, die mit der zunehmenden Bebauung in gleichem Verhältnisse wachsen, denn es finden täglich Verwechselungen der Potsdamer Chaussee mit der gleichbenannten Straße statt, die Nummern aber, welche eine Fortsetzung der Dorfnummern in Schöneberg bilden, sind, wie der sub pet. rem. … [sub petitione remissionis = mit der Bitte um Rücksendung, PE] beigefügte Plan ergiebt, durch die fortschreitende Bebauung nach und nach dergestalt in Verwirrung gerathen, daß es zu einer Aufgabe wird, die Einwohner dieses oder jenes Hauses zu ermitteln. Um aber eine zweckmäßige Nummerirung eintreten lassen zu können, wird es nothwendig, sie als eine besondere Straße zu behandeln, auch dürfte sie in der That nicht als Schöneberger Dorfstraße, sondern als zu den Vorstädten Berlins gehörig anzusehen sein.
Was den zu wählenden Namen anlangt, so sind die Anwohner in dem Antrage einverstanden, ihr zum Andenken an den in Schöneberg ansässigen gewesenen Geheimen Staats-Minister von Altenstein [Carl Freiherr vom Stein zum Altenstein, 1770-1840, PE] den Namen Altenstein Straße beizulegen.
Einem Königliche Hohen Ministerio stellt das Polizei-Präsidium anheim, die andersweite Benennung der Potsdamer Chaussee hiernach hochgeneigtest Allerhöchsten Orts befürworten zu wollen.
Nächst den Anwohnern der Chaussee haben auch noch die Eigenthümer der Grundstücke in den dieselben durchschneidenden künftigen Straßen darauf angetragen, diesen Straßen schon jetzt besondere Namen zu ertheilen. Da sich an diesen bis jetzt indessen nur wenige bebaute Grundstücke befinden und sie deshalb noch mehr die Eigenschaft der Feldwege haben, so dürfte es noch nicht an der Zeit sein, auf diese Anträge einzugehen.
Berlin, den 20ten Januar 1841
Das Polizei-Präsidium
von Puttkamer
Der Antrag wurde vom König (Friedrich Wilhelm IV.) im April d. J. abgelehnt (Bild 2), stattdessen wurde angeordnet, die Potsdamer Straße über den Landwehrkanal hinaus zu verlängern bis zum botanischen Garten, und sie komplett neu zu nummerieren – zum ersten, aber nicht zum letzten Mal.
- Akte im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA): I. HA Rep. 93B Nr. 1659.