Stolpersteine versteckt

Stolpersteine sollen an Mitbürger*innen erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und deportiert wurden und meist dem Holocaust zum Opfer fielen.

Sie müssen mit Respekt, Ehrfurcht und Demut behandelt werden. Meist werden sie das auch! Aber leider gibt es auch Ausnahmen – so in der Potsdamerstraße:

 

Unter Blumenkübel versteckt, mit Kippen garniert. Die Stolpersteine für das Ehepaar Fromm (Foto:bse)

 

Man kann sich schon fragen, ob Pächter*innen und Mitarbeiter*innen so gnadenlos unaufmerksam sind, oder ob gar böse Absicht dahinter steckt, wenn sie ihren Blumenkübel auf die Stolpersteine für das Ehepaar Fromm stellen; statt – was man ja eigentlich erwarten könnte – die Pflege für diese zu übernehmen.

 

Unter dem Blumenkübel (rechts) versteckt: Stolpersteine (Foto:bse)

Im September 2009 wurde in der Potsdamer Straße vor der Hausnummer 102 ein Stolperstein für den Kaufmann Abraham Fromm verlegt. Im Oktober 2012 folgte der für seine zweite Frau Johanna.

Die Zwillingsbrüder Abraham und Elias Fromm wurden am 9. Februar 1875 im ostpreußischen Flammberg im Kreis Ortelsburg (heute: Szczytno/Polen) geboren. Johanna Fromm, geborene Wittkowski, wurde am 12. Juni 1890 in Posen (Poznań) geboren.

Nach mehreren Geschäften an anderen Berliner Standorten eröffnete Abraham Fromm Ende 1933 eine Krawattenbörse im bekannten Moka-Efti-Gebäude in der Leipziger Straße, Ecke Friedrichstraße. Auch nach Beginn des Boykotts jüdischer Geschäfte lief der Laden zunächst noch gut. In dem Laden arbeiteten neben Abraham Fromm und seiner Frau Johanna noch zwei feste Angestellte und an den Wochenenden weitere Aushilfskräfte. Bis einschließlich 1937 konnte die Familie Fromm die Krawattenbörse betreiben. Danach war Abraham Fromm gezwungen, das Geschäft aufzugeben. Der Vermieter wollte den Mietvertrag aufgrund der jüdischen Herkunft der Fromms nicht mehr verlängern. Daraufhin konnte der zu diesem Zeitpunkt 63-jährige Abraham Fromm keine neue Arbeitsstelle mehr finden. Die Familie war auf Ersparnisse angewiesen. Das Ehepaar Fromm zog etwa 1937 von Neukölln nach Berlin-Tiergarten in eine 4-Zimmer-Wohnung in der Potsdamer Str. 102.

Im Frühjahr 1939 wurde das Ehepaar Fromm wie alle deutschen Jüdinnen und Juden gezwungen, Schmuck und Wertgegenstände aus Edelmetall in einer Pfandleihanstalt abzugeben. Die Fromms mussten ihre Silbersachen wie Besteck und Leuchter sowie den gesamten Familienschmuck in der Städtischen Pfandleihanstalt an der Jägerstraße abgeben. Johanna Fromm wurde zur Zwangsarbeit verpflichtet. Am 15. November 1941 mussten Abraham und Johanna Fromm sich zusammen mit über 1000 weiteren Berliner Jüdinnen und Juden in der ehemaligen Synagoge an der Levetzowstraße in Berlin-Tiergarten einfinden. Von dort wurden sie zum Bahnhof Berlin-Grunewald geführt und am 17. November 1941 mit dem „VI. Transport“ in das Ghetto Kowno (Kaunas) im heutigen Litauen deportiert. Alle 1006 Menschen aus diesem Zug wurden am 25. November 1941 im Fort IX von Kowno ermordet.

Quelle: https://www.stolpersteine-berlin.de/de/biografie/160 (Indra Hemmerling, Janna Lölke)

 

Die „Initiative Jüdisches Leben und Widerstand in Tiergarten“ fordert die Viktoriabar dringend auf, den oben genannten Missstand zu beseitigen.

Wir würden uns freuen, bald Positives berichten zu können.

 

Schreibe einen Kommentar