(ein Beitrag von Prof. Dr. Paul Enck, www.paul-enck.com)
Eigentlich waren alle Texte fertig, die „Straßen im Kiez“ lagen gebündelt bei der Lektorin des Hayit Verlages, Köln und warteten darauf, zum Buch zu werden – da tauchte unvermittelt und unerwartet die 25. Straße im Lützow-Viertel auf.
Gesucht hatte ich nach Bildern des sogenannten „Begas-Winkels“ (Genthiner Straße 30), genauer: nach dem Bildhauer, der die Narziss-Figur gestaltet hatte – auch das Denkmalamt Berlin weiß nicht mehr als „Kübe & Starke (1888), renoviert 1962″ (1), was aber falsch ist. Es handelte sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Bildhauer Heinrich Kube und Hans Starcke (1957-2015), die für die Renovierung des Brunnens 1962 zuständig waren und die ähnliche Aufträge schon früher erledigt hatten. Der Künstler, der die Figur geschaffen hat, wird nach wie vor gesucht. In einem Artikel in der Zeitschrift „Der Städtebau“ von 1905 fand sich zwar ein Bild des „Begas-Winkel“ mit der Statue (Bild 1); aber ohne weitere Infos (2). Stattdessen stieß ich auf das Bild einer anderen Privatstraße, Nebenstraße des Schöneberger Ufers, die zwischen den Hausnummern 68 und 69 (früher: 36 und 37) abzweigte und bis zum Gelände des Elisabeth-Krankenhauses reichte, also keine Durchgangsstraße, sondern eine Stichstraße (Sackgasse) war. Sie war deklariert als Privatstraße, die, anders als die Bissingzeile oder der Blumeshof, noch keinen Namen bekommen hatte, bevor sie wieder verschwand (Bild 2).
Der Autor des Artikels, der private Architekt und Regierungs-Baumeister Rudolph Goldschmidt (1850-1915), wohnte bis 1899 in der Königin-Augusta-Str. 41 (Tiergartenviertel, nördlich des Landwehrkanals). Er hatte 1886 eine Rosalie Hoeniger geheiratet, mit der er drei Kinder hatte: Fritz Sigmund (1886-1935), Elise Jenny (1892-1975), Heinrich Karl Norbert (1896-1934). Im Jahr 1898 kaufte er dann das Haus Schöneberger Ufer 35, das er umbaute und auf dem hinter dem Haus liegenden Gelände ein weiteres Wohnhaus errichtete (Adresse: Schöneberger Ufer 36a), das mit der Nr. 35 verbunden wurde. Laut Adressbuch war im Haus Nr. 36 um 1900 eine Höhere Töchterschule untergebracht, und die Nummer 36b diente als Holzplatz des Krankenhauses. Dort, wo heute das Personalwohnheim des Krankenhauses ist (das gerade renoviert wird – oder doch abgerissen?), wurde 1932 das sogenannte Feierabendhaus der Diakonissinnen eingerichtet, das wiederum im Krieg zerstört und nach dem Krieg durch das jetzige Gebäude ersetzt wurde – durch die Tordurchfahrt gelangt man auf das Gelände dahinter und bekommt eine Ahnung und einen Eindruck von dieser Privatstraße.
Goldschmidt hatte nebst Wohnhäusern, oft mit kleineren Wohnungen, auch großzügige Künstlerateliers eingerichtet, so in seinem Wohnhaus in der Königin-Augusta-Straße 41 für den Maler Prof. Skarbina (3). Eines seiner Wohnhäuser an der Potsdamer Straße 103 hat die Zeit überdauert und steht heute unter Denkmalschutz (4). Die Anlage des Hauses Ufer 36a (bestehend aus zwei Teilen, 36a und 36aI) am Schöneberger Ufer, in die er selbst einzog, drückt diese Großzügigkeit in jeder Beziehung aus (Bild 3), wie auch der Grundriss des Hauses und des davor liegenden Gartenareals zeigt (Bild 4).
Selbst heute ist diese Großzügigkeit dem im Krieg weitgehend unbeschädigt gebliebenen Haus (Nr. 67a) noch anzumerken, wenn man bedenkt, dass hier nach Fertigstellung nur wenige Familien wohnten; allerdings hatten 1915, im Todesjahr des Architekten, bereits mehrere Firmen den Wohnraum als Dependance übernommen.
Goldschmidt schrieb selbst dazu: „Die Straßenanlage gibt ein Beispiel, wie man Hinterland nutzbringend aufschließen und selbst dicht an einem der belebtesten Punkte Berlins ruhige, dem Verkehr entrückte Wohnstätten mit Luft und Licht, von Gärten umgeben, schaffen kann … Bei ihrer Anpflanzung wurde ein sehr naheliegender, aber meist unberücksichtigter Leitgedanke befolgt. Es sind nämlich derartige Pflanzen ausgesucht worden, daß der Garten auch in den Wintermonaten, wenn die Sommergehölze keine Blätter und Blüten mehr haben, wenigstens noch grün erscheint und nicht den traurigen kahlen Eindruck macht, wie ihn die meisten sonstigen Gärten und angepflanzten Plätze im Winter zu bieten pflegen …“ (2).
Literatur
2. Rudolf Goldschmidt. Anlage einer Privatstraße am Schöneberger Ufer. Der Städtebau, 2. Jahrgang (1905), Heft 10, S. 128-130
3. Architektenverein zu Berlin. Berlin und seine Bauten 1896, Band III, S. 264 (BusB1896)
Hi this is a message for Prof. Dr Paul Enck.
I would like to thank him for this very interesting article re my great grandfather’s family house. Schöneberger Ufer 67a (formerly 36a). I would like to inform him that I and my cousin Susanne Goldschmidt-Ahlgrimm have organised for a memorial plaque commemorating the Galerie Godlschmidt-Wallerstein to be unveiled on the house on Sunday 25th June 2023 with the support of the Aktives-museum, Fascism and Resistance in Berlin eV.. All are welcome.